Vom Projekt zur Stiftung

Stiftung Weltethos Schweiz

Hans Küng vor 2.000 Studenten der Uni Tübingen am 19.12.1979 / Foto: Manfred Grohe

Ein Jahr nach dem Start der Stiftung Weltethos Deutschland in Tübingen, wurde am 12. Dezember 1996 in Zürich die Stiftung Weltethos Schweiz gegründet. Martita Jöhr-Rohr, die Witwe des Wirtschaftsprofessors und Mäzens Adlf Jöhr, war die Stifterin, Hans Küng übernahm im Stiftungsrat das Präsidium, das er bis 2012 innehatte, und Heinz Müller wurde Vizepräsident. Dem vierköpfigen Stiftungsrat gehörte ausserdem der Chemiker, Erfinder und Unternehmer Josef Studinka an.

Zunächst unterstützte die Weltethos Schweiz subsidiär Projekte der Tübinger Stiftung. Später begann die Stiftung, in der Schweiz Initiativen im Bildungsbereich zu fördern. Rasch standen Unterrichts- und Ausstellungsmaterialien im Fokus.

Vom Projekt zur Stiftung

1984
Mit dem Buch Christentum und Weltreligionen beginnt die Vorgeschichte des Projekts Weltethos. Hans Küng befasst sich darin erstmals umfassend mit Islam, Hinduismus und Buddhismus (ein Band über chinesische Religionen sollte 1999 folgen), und im Nachwort dieses Buches findet sich Küngs These „Kein Friede unter den Nationen ohne Frieden zwischen den Religionen“, die zum Slogan des Projekts Weltethos werden sollte.
1988
Hans Küng beginnt sein Forschungsprojekt „Zur religiösen Situation der Zeit“ mit den geplanten Publikationen zu Judentum, Christentum und Islam.
1989
UNESCO-Symposion „Kein Weltfriede ohne Religionsfrieden“ in Paris: Hans Küng stellt erstmals auf UN-Ebene diese spätere Programmatik des Projekts Weltethos vor.
1990
Hans Küng spricht am World Economic Forum in Davos zum Thema: „Warum brauchen wir globale ethische Standards um zu überleben?“
1990
Das Grundlagenwerk Projekt Projekt Weltethos erscheint. Mit Themen wie „Warum wir ein globales Ethos brauchen“, „Wozu Ethik?“, „Eine Koalition von Glaubenden und Nichtglaubenden“, „Weltreligionen und Weltethos“ skizziert es aktuelle Herausforderungen der Zeit und wird in 17 Sprachen übersetzt.
1991
Publikation von Das Judentum mit seiner umfassenden historischen und theologischen Analyse dieser Religion.
1993
Das zweite Parlament der Weltreligionen in Chicago verabschiedet die Erklärung zum Weltethos. Dieser von Hans Küng federführend entworfene Text richtet sich an Glaubende wie Nichtglaubende und formuliert erstmals in der Religionsgeschichte einen Konsens der grossen Religionen in Fragen des Ethos.
1994
Mit dem Buch Das Christentum erscheint der zweite Band von Hans Küngs Trilogie zur religiösen Situation der Zeit.
1995
Dank des finanziellen Engagements von Karl Konrad Graf von der Groeben wird in Tübingen die Stiftung Weltethos Deutschland gegründet. Ein Jahr später folgte in Zürich die Gründung der Stiftung Weltethos Schweiz.
1997
Mit seinen Buch Weltethos für Weltpolitik und Weltwirtschaft skizziert Hans Küng die globale Relevanz des Weltethos-Projekts für Politik und Wirtschaft.
1997
Auf Initiative Hans Küngs und des früheren deutschen Bundeskanzlers Helmut Schmidt unterbereitet der InterAction Council früherer Staats- und Regierungschefs den Vorschlag einer Allgemeinen Erklärung der Menschenpflichten – als Ergänzung zur UN-Menschenrechtserklärung, inspiriert von der Weltethos-Erklärung von Chicago.
1999
Das 3. Parlament der Weltreligionen in Kapstadt konkretisiert mit dem Aufruf an unsere führenden Institutionen die Weltethos-Erklärung von Chicago. Abschluss des Multimedia-Projekts „Spurensuche. Die Weltreligionen auf dem Weg“ mit sieben Fernsehfilmen zu den grossen Religionen der Welt, einer interaktiven CD-ROM und einem bebilderten Sachbuch.
2000
Mit einer grossen Rede zum Thema „Werte und die Kraft der Gemeinschaft“ eröffnet der britische Premierminister Tony Blair die Reihe der Weltethos-Reden, die gemeinsam von der Stiftung Weltethos und der Universität Tübingen veranstaltet werden. Bis 2021 fanden 15 Weltethos-Reden statt.
2001
Das Projekt Weltethos gelangt an die Vereinten Nationen. UN-Generalsekretär Kofi Annan beruft eine internationale „Gruppe herausragender Persönlichkeiten“ – unter ihnen auch Hans Küng – mit dem Auftrag, ein Konzept für ein neues Paradigma internationaler Beziehungen zu entwickeln. Der Bericht wird im Deutschen unter dem Titel Brücken in die Zukunft. Ein Manifest für den Dialog der Kulturen veröffentlicht und verweist mehrfach auf das Projekt Weltethos. Zudem erhält Hans Küng die Gelegenheit, das Weltethos-Programm vor der UN-Vollversammlung vorzustellen.
2003
Bisheriger Höhepunkt der Weltethos-Reden: UN-Generalsekretär Kofi Annan hält die 3. Weltethos-Rede an der Universität Tübingen.
2004
Mit Küngs Buch Der Islam kommt das grosse Forschungsprojekt zur religiösen Situation der Zeit zum Abschluss.
2006
Mit seiner Analyse Der Hinduismus bietet Stephan Schlensog eine Ausweitung von Küngs Forschungsprojekt auf die Religionen Indiens. Eine analoge Studie für den chinesischen Kulturkreis wird geplant, aber nicht realisiert.
2009
Unter Federführung der Stiftung Weltethos Deutschland erarbeiten Wirtschaftsethiker und Praktiker aus der Wirtschaft das Manifest Globales Wirtschaftsethos. Es wird in New York und Basel der Öffentlichkeit vorgestellt und 2010 unter gleichem Titel veröffentlicht.
2010
Seine vielfältigen neuen Erkenntnisse und Erfahrungen in Sachen „globales Wirtschaftsethos“ bündelt Hans Küng im Buch Anständig wirtschaften.
2011
Einen ganz neuartigen Zugang zur Weltethos-Thematik über klassische Musik bietet die Komposition Weltethos: eine Komposition von Jonathan Harvey, mit Texten von Hans Küng, erstmals aufgeführt von den Berliner Philharmonikern unter der Leitung von Sir Simon Rattle und mit späteren Aufführungen in London und Birmingham.
2012
Dank der Initiative des Unternehmers Karl Schlecht, einem langjährigen Förderer der Weltethos-Idee, wird das im Vorjahr gegründete Weltethos-Institut an der Universität Tübingen eröffnet. Dieses Institut wird von der Stiftung Weltethos Deutschland getragen und von der Karl Schlecht Stiftung finanziert.
2012
Nach Vorbesprechungen in Tübingen wird am Rande des Beijing-Forums in Peking ein Weltethos-Institut an der Beijing University (Beida) eröffnet, unter der Leitung von Prof. Tu Weiming: ein Kooperationsprojekt von Stiftung Weltethos Deutschland, Beida, Universität Tübingen, Karl Schlecht Stiftung und dem chinesischen Sany-Konzern.
2012
Im Handbuch Weltethos bieten Hans Küng, Stephan Schlensog und Günther Gebhardt einen kompakten Überblick über den Stand des Projekts Weltethos nach gut zwei Jahrzehnten.
2013
Hans Küng übergibt die Präsidentschaft der Stiftung Weltethos Deutschland an Eberhard Stilz, den Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs Baden-Württemberg.
2014
Hans Küng beginnt die Arbeit an seinen Sämtlichen Werken: einer 24-bändigen Ausgabe seiner Schlüsselwerke, jeweils mit einer werkgeschichtlichen Einführung, herausgegeben von ihm und Stephan Schlensog. Der letzte Band dieser insgesamt über 16.000 Seiten umfassenden Ausgabe erscheint im Oktober 2020, wenige Monate vor Hans Küngs Tod.
2016
Im Koalitionsvertrag der neu gewählten grün-schwarzen Landesregierung Baden-Württemberg wird die Stiftung Weltethos Deutschland als eine Organisation bezeichnet, die im Dialog der Religion und Kulturen „Wegweisendes“ leiste. Seither betreibt die Stiftung eine Reihe gemeinsamer erfolgreicher Projekte mit unterschiedlichen Ministerien der Landesregierung.
2018
Zum 90. Geburtstag von Hans Küng veranstaltet die Stiftung Weltethos Deutschland gemeinsam mit der katholisch-theologischen Fakultät der Universität Tübingen eine Festveranstaltung und ein wissenschaftliches Symposium. Festrednerin ist die frühere EKD-Ratsvorsitzende Margot Kässmann.
2018
25 Jahre nach Verkündigung der Weltethos-Erklärung steht das 8. Parlament der Weltreligionen in Toronto ganz im Zeichen des Weltethos. Aufgrund der globalen politischen Dringlichkeit des Klimawandels wird die Weltethos-Erklärung um eine Weisung zum Thema Nachhaltigkeit erweitert.
2019
Eine vom Weltethos-Institut organisierte und hervorragend besuchte Studium-Generale-Reihe „Weltethos für das 21. Jahrhundert. Ein globales Lernprogramm” informiert umfassend über Geschichte, Anliegen und Perspektiven des Projekts Weltethos.
2021
Nach längerer Krankheit stirbt Hans Küng, Begründer des Projekts Weltethos und Gründungspräsident der Stiftung Weltethos, am 6. April in seiner Tübinger Wohnung.
2022
Am 11. Oktober übergibt Eberhard Stilz die Präsidentschaft der Stiftung Weltethos Deutschland an Prof. Dr. Bernd Engler, bisheriger Rektor der Universität Tübingen.
2022
Start der «Weltethos Lecture» an der Universität Luzern. Die Veranstaltung vom 28. Oktober 2022 bildete den Anfang einer langfristig angelegten Vorlesungsreihe, die das Projekt Weltethos debattieren und weiterentwickeln will. Zustande kam sie aufgrund eines Kooperationsvertrages, den die Stiftung Weltethos Schweiz mit dem Ökumenischen Institut Luzern und dem Institut für Sozialethik ISE der Theologischen Fakultät der Universität Luzern abgeschlossen hatte. Ziel dieser Zusammenarbeit ist es, das Projekt Weltethos zu debattieren und weiterzuentwickeln.
2023
Beginn der Partnerschaft mit dem Fumetto Comic Festival, Luzern. Fumetto findet jährlich für acht Tage Ende März auf dem gesamten Luzerner Stadtgebiet statt. Ausgestellt und live vor Ort zu erleben sind Comic-Künstler*innen aus der ganzen Welt. Im gegenseitigen Gespräch ist die Idee des PULSAR entstanden. Hier handelt es sich um einen neugeschaffenen «Weltethos-Förderpreis», der jährlich vergeben wird. Dabei werden herausragende, teils noch nicht entdeckte Newcomer Talente aus der Comic-Szene gefördert. Bei ihrer Auseinandersetzung mit dem Weltethos-Thema entstehen Zeichnungen, die in Form einer kleinen Broschüre oder einer Ausstellung, oder auch beidem, präsentiert werden.